Dürfen Christen Spaß haben?

Sind Christen freudlose Spaßbremsen auf jeder Party? Oder sind das diese Leute, die nur noch jauchzend und freudestrahlend durchs Leben gehen? Dürfen Christen überhaupt Spaß haben? Unsere Autoren haben ihre Argumente ausgetauscht. Wir hoffen, sie hatten Spaß dabei.

Pro©Catalin Pop – Fotolia.com

„Wenn Gott keinen Spaß verstünde, so möchte ich nicht im Himmel sein.“

Diese Aussage erinnert an Liedtexte und T-Shirt-Sprüche, die uns ständig begegnen. Aber sie stammt ursprünglich von Martin Luther, der als Reformator in die Weltgeschichte einging. Luther wurde getrieben von einer Sehnsucht nach dem Gott der Christen hinter deren Institutionen und Regeln.

Der Reformator machte sich also auf die Suche nach dem Ursprung des christlichen Glaubens und nach der Antwort auf die Frage, ob Gott wirklich so stoisch und entfernt von jeglicher Lebensfreude sei, wie es im damaligen Weltbild vermittelt wurde.
Luther studierte also die Bibel und fand dort einen Gott, der als Schöpfer den perfekten Plan für seine Welt hatte. Aber er stieß auch auf die Differenz zwischen dieser Zielstellung und dem Verhalten der Menschen, das geprägt war von zahlreichen Zielverfehlungen. Heute ist uns das Wort „Zielverfehlung“ besser bekannt als „Sünde“. Und doch begegnete Luther mitten in dieser Diskrepanz einem Gott, der die Menschen liebt. So sehr, dass er die Menschen nicht für ihre Zielverfehlungen verurteilt, sondern letztlich die Strafe selbst übernimmt.

Indem Jesus am Kreuz stirbt und wieder aufersteht, ist Gottes ursprüngliche Intention nicht außer Kraft gesetzt. Doch der Mensch muss nun nicht mehr allein um sein Leben kämpfen. Gott macht ihm ein Angebot: Ich vergebe dir und helfe dir, sodass du das ursprüngliche Ziel erreichst.

Freude als grundlegendes Lebensgefühl

Das daraus resultierende neue Lebensgefühl war für Luther damals die Freiheit eines jeden Christen. Papst Franziskus beschreibt es heute so: „Wenn wir als Kinder Gottes leben und spüren, wie er uns liebt, dann wird unser Leben neu, unbeschwert und voller Freude.“ Aus Freiheit und Liebe resultiert Freude.Freude als grundlegendes Lebensgefühl.

Das bedeutet nicht, dass Christen in ihrem Leben keine Probleme haben. Aber es bedeutet, dass sich Christen keine Sorgen machen müssen, weil sie einen Gott haben, der sie versorgt. Das verleiht dem Leben eine neue Perspektive: Der Mensch muss nicht mehr allein im Alltag kämpfen, sondern kann sich auf die Hilfe des Gottes berufen, der als allmächtiger Schöpfer beschrieben wird. Da wird aus Angst Hoffnung. Da wird aus Mutlosigkeit Mut. Und da kann aus Sorge Freude werden. „Die auf ihn [Gott] sehen, werden strahlen vor Freude“, sagt die Bibel dazu.

Diese Freude wird sich im Alltag widerspiegeln, egal, ob beim Essen mit Freunden, zur WG-Party oder auf Festivals. Aber es geht hier eben nicht mehr nur um „good vibrations“, um das geniale Erlebnis oder die Jagd nach den absoluten Rausch. Es geht nicht mehr darum, um jeden Preis möglichst viel Spaß mitzunehmen. Es geht um eine Freude, die längst schon erfüllt ist.

Wer weiß, dass er sich nicht zu sorgen braucht, muss den Spaß auch nicht als Zuflucht suchen. Ein Mensch, der zu seinem Leben Freude geschenkt bekommt, kann diese ungeniert ausleben – und zwar 24/7. Der Christ, der weiß, dass Not und Tod ihre Schrecken verloren haben, braucht sich nicht mehr durch Rausch aus den Problemen des Alltags heraus in eine Scheinwelt zu flüchten. Er kann das Leben in vollen Zügen genießen und Spaß haben. Wie Augustinus schon sagte: „Willst Du ewige Freude, häng Jenem an, der ewig ist.“

contra©Catalin Pop – Fotolia.com

Im Vergnügen verbergen sich Gefahren

Freude an der Schönheit, an den Dingen des Alltags und der Feier sind aus christlicher Perspektive nichts per se Verwerfliches. Im Gegenteil, Christen sind befreit zum Genuss. Trotzdem: Im Vergnügen verbergen sich einige Gefahren. Gefahren, die das persönliche Glück, aber auch die Beziehung zu Gott und damit das ewige Leben gefährden.

Wo lauern sie? Zunächst: Wenn wir Christen werden, bekommt unser Leben einen neuen Sinn. Lebten wir vorher nur für uns, ist unser Leben nun ausgerichtet nach Gottes Willen und wir suchen nicht mehr allein nach unserem Glück, sondern auch nach dem unseres Nächsten. Diese neue Bedeutung bereichert unser Leben ungemein! Fangen wir aber damit an, unseren Alltag unbedacht mit allerlei Vergnügungen zu füllen, kann es passieren, dass wir dieses Wesentliche in diesem neuen Sinn wieder aus den Augen verlieren. Wenn wir uns darum bemühen, unsere Freizeit genussreich zu zerstreuen, bleibt wenig Platz für Gott und unseren Nächsten.

Des Weiteren können einige Vergnügungen einen großen Reiz auf uns ausüben. Dieser Reiz kann so groß sein, dass aus anfänglich freiwilligem Genuss eine zwanghafte Gewohnheit wird. Ein Zwang, der uns im Nachhinein nicht fröhlich zurücklässt, sondern verbittert und frustriert. Wir spüren, dass diese Vergnügungen kleine Süchte geworden sind und uns Teile unserer Freiheit genommen haben. Vergnügungen, unter diesem Zwang ausgelebt, wirken unruhig, aufreibend und überreizend auf das eigene Innenleben. Sie bereiten keine Freude mehr, geschehen aber auch nicht mehr aus Freude. „Die Mutter der Ausschweifung ist nicht die Freude, sondern die Freudlosigkeit“, beobachtete der Philosoph Nietzsche hierzu treffend.   

Unsere Persönlichkeit ist wichtiger als der Spaß!

Wenn sich nun diese Vergnügungen zu intensiven Leidenschaften aufblähen, geschieht ein Weiteres: Wir glauben nicht mehr daran, dass außerhalb dieser Leidenschaft Glück zu finden ist. Die Leidenschaft wird zu Gottes Stellvertreter – ein Götze, der in unserem Herzen thront. Dann verwirklichen sich die Warnungen, die Jesus seinen Jüngern mitgab: Die Vergnügungen der Welt haben den Glauben erstickt. Und: Wo dein Schatz ist, da ist auch dein Herz. Der Schwerpunkt der christlichen Lebensanschauung lag nie im Vergnügen, sondern immer in der Sorge um die eigene Persönlichkeit. So fragte Jesus einmal seine Jünger: Was hülfe es dem Menschen, wenn er die ganze Welt gewönne und nähme an seiner Seele Schaden? Kümmere dich nicht darum, ein vergnüglicheres Leben zu haben, sondern sorge dich darum, dein Leben in Ordnung zu bringen!

Das ist aber nicht als strenge Vorschrift zu verstehen. Wenn etwa der Philosoph Blaise Pascal den Genuss an sich verachtete und sich durch Selbstkasteiung ein heiliges Leben erarbeiten wollte, hat er die christliche Freiheit und Freude nicht ganz im Blick gehabt. So wird Gott fälschlicherweise als Spaßverderber präsentiert. Ich wage aber nicht, über Pascal zu urteilen. Vielmehr möchte ich die Gefahren der Vergnügungen ernst nehmen, ohne dabei zu vergessen, dass Freude  in Wirklichkeit immer auch Lob ist. Und ich möchte sie als Lob an den Freudenbringer richten, welcher doch Gott ist, der zu jeder Zeit alles nehmen und alles schenken kann.

Das aktuelle Heft

Bedacht 11Versöhnung. Das ist ein großes Wort und für jeden von uns zu jeder Zeit eine Herausforderung. Wie kann das gehen – Versöhnt leben? Wir begeben uns auf die Spurensuche.

Heft lesen

Werde Sponsor!

Deine Spende an die bedacht ist ein Stipendium für die Gute Nachricht. Deine Unterstützung fließt dabei vollständig in die Produktion der bedacht. Da wir ehrenamtlich arbeiten, fallen bei uns keinerlei Personalkosten an.

spenden


Folge der BEDACHT auf Facebook!      Folge uns auf Twitter!
DMC Firewall is developed by Dean Marshall Consultancy Ltd