Zu zweit in die Zukunft

Die heutige Zeit hat uns einen reichen Markt an Möglichkeiten der Beziehungsgestaltung zwischen Mann und Frau beschert. One-Night-Stands, Affären oder „friends with benefits“. Ist da die Ehe eine überholte Form, die nur noch mit ihren letzten romantisch wärmenden Strahlen aus längst vergangener Zeit zu uns herüberleuchtet?

Ehe1 600© Nadine MaierWenn die Hochzeitsglocken läuten, die Braut im blütenweißen Kleid die Kirche betritt und sich die Brautleute vor dem Altar lebenslange Liebe in guten wie in schlechten Zeiten geloben, dann lässt das die wenigsten von uns kalt. Ein warmer Schauer durchläuft die Brust, verbunden mit der Hoffnung, dieses Versprechen möge nie gebrochen werden. Doch während der Romantiker in uns noch diesem schönen Bild nachsinnt, meldet sich der Skeptiker zu Wort: „Wozu dieses Theater? Im Schnitt halten Beziehungen in unserer Gesellschaft längst nicht mehr ein Leben lang. Bald steht bei den beiden eine kostspielige Scheidung an. Hätten die das lieber mal gelassen.“ Aber ist das christliche Ideal einer auf Gott gegründeten lebenslangen Ehe zwischen Mann und Frau wirklich eine Utopie, die heute nur noch als träumerische Naivität belächelt werden kann? Ist das alte Eheversprechen bloß ein liebgewonnenes Sprüchlein, das man aus Tradition – und um vielleicht der rührigen Verwandtschaft Tränen in die Augen zu treiben – zum Besten gibt? Mitnichten. Die Ehe ist nach wie vor die zukunftsträchtigste Beziehungsform zwischen Mann und Frau und birgt Segen weit über das unmittelbare Paar hinaus. Im klassischen Eheversprechen finden sich viele Hinweise auf das Geheimnis dieser besonderen Beziehungsform. Deshalb wollen wir diese Formel einmal genauer unter die Lupe nehmen.

„Ich will dich lieben und ehren…“

So oder so ähnlich beginnt das Eheversprechen in den meisten christlichen Kirchen. Wer an dieser Stelle entspannt auf der Kirchenbank sitzen bleiben kann, der hat die Dramatik dieser Worte und die Dimension dieses Versprechens nicht erkannt. Denn die Liebe ist eine ernsthafte Angelegenheit. Wer bei dem Wort „Liebe“ vor allem an romantische Gefühle denkt, wird vermutlich noch einmal gründlich überlegen müssen, ob er seine Partnerschaft auf Liebe aufbauen möchte. Denn nach christlichem Verständnis ist die Liebe weit mehr als ein inniges Gefühl der Zuneigung – wenngleich natürlich auch die Bibel diese emotionale Seite als Geschenk Gottes versteht. Liebe, das ist nach christlichem Verständnis eine harte und verbindliche Form der Beziehungsgestaltung, die frei von rein ichbezogenen Zügen ist. Am prägnantesten wird dieses Liebesverständnis von Paulus im 1. Korintherbrief auf den Punkt gebracht:

„Liebe ist geduldig und freundlich. Sie ist nicht verbissen, sie prahlt nicht und schaut nicht auf andere herab. Liebe verletzt nicht den Anstand und sucht nicht den eigenen Vorteil, sie lässt sich nicht reizen und ist nicht nachtragend. Sie freut sich nicht am Unrecht, sondern freut sich, wenn die Wahrheit siegt. Liebe ist immer bereit zu verzeihen, stets vertraut sie, sie verliert nicht die Hoffnung und hält durch bis zum Ende“ (1. Korinther 13, 4 – 7).

Es lohnt sich an dieser Stelle kurz innezuhalten und sich obige Zeilen noch einmal bewusst durch den Kopf gehen zu lassen. Wenn wir verstehen, mit welcher Unbedingtheit die Liebe hier beschrieben wird, bekommen wir langsam eine Ahnung davon, wie herausfordernd diese Worte sind. Gleichzeitig kriecht unweigerlich die ängstliche Frage hoch: „Wie soll das ein Mensch je schaffen? Die wenigsten von uns sind schließlich reine Heilige.“ Das ist ein berechtigter Einwand und dennoch beschreibt Paulus die Liebe als das Wichtigste. Ohne die Liebe sei alles nichts (vgl. 1. Korinther 13, 1 ff.).

Diese so eindringlich beschriebene wahrhaftige Liebe unterscheidet sich stark von einer „Liebe“, die ihren Ursprung in einem Begehren nach dem Anderen hat, in einem Begehren das befriedigt werden will und das alles dem Ziel dieser Selbstbefriedigung unterordnet. Dabei versucht diese begehrliche Liebe, den anderen Menschen an sich zu binden und zu unterwerfen. Und wenn das Begehren nicht mehr erwarten kann, erfüllt zu werden, schlägt es in Verbitterung und Hass um. Diesen Zusammenhang hat der Volksmund in dem Spruch festgehalten: „Die Liebe ist eine Leidenschaft, die Liebe sucht und Leiden schafft.“ Leider verwechseln zu viele Paare die Liebe mit dieser Form des Begehrens und viel zu oft müssen sie dann vor den Scherben ihrer einst hoffnungsvoll begonnenen Gemeinschaft stehen.

Ehe2 600© Zhil-anna – Fotolia.comDer wesentliche Unterschied zur wahrhaftigenLiebe liegt in ihrem Ursprung. Diese gründet nicht in einem Begehren, sondern in Jesus Christus: Wirkliche Liebe will nicht über den Nächsten herrschen, sondern ihn in Freiheit vor Gott stellen. Mit dieser Perspektive wird die oben dargestellte anspruchsvolle Form der Liebesbeziehung zu einer realistischen Möglichkeit. Denn wenn wir unsere Liebe füreinander auf den eigentlichen Grund der Liebe bauen, nämlich Jesus, dann dürfen wir darauf hoffen, dass er uns die Kraft und den Mut schenkt, uns immer wieder gemeinsam auf die Suche nach einer wahren und reinen Liebe zu machen. Natürlich hören wir wieder den Skeptiker anklopfen. Können wir es wirklich schaffen, auf Dauer diesen seligen Zustand einer gegenseitigen wahren Liebe zu erhalten? Dieser Einwand ist berechtigt und verdient, ernst genommen zu werden. Wenn wir nur Idealbilder zeichnen, laufen wir Gefahr, dass wir unfähig werden, unsere Schwächen anzunehmen, und am Ideal zerbrechen. Aber die christliche Perspektive weist uns hier einen Weg der Liebe und Vernunft. Denn der Blick auf den liebenden Christus lehrt uns, dass dieser selbst seine Liebe stets ziemlich unvollkommenen Menschen geschenkt hat. Auch unser Partner, an dem wir vielleicht gerade verzweifeln, ist von Christus geliebt. Wenn wir uns diese Liebe Christi bewusst machen, hilft uns das, uns gegenseitig in unserer Schwäche und Gebrochenheit anzunehmen. Aus dieser Annahme heraus können wir ein wesentliches Element gelingender Liebe leben: die Ehrlichkeit – oder wie Paulus es ausdrückt – die Freude an der Wahrheit.

Diese gegenseitige vertraute Offenheit ist notwendig, um uns gegenseitig unterstützen zu können, wenn einer strauchelt oder fällt. Diese Tiefpunkte des Strauchelns können dabei zu Hoch-Zeiten einer gelingenden Ehe werden. Denn wenn wir die Last des anderen tragen, nehmen wir die Schwachheit und Grenzen des anderen an. In solchen Momenten können wir uns besonders sichtbar die Liebe schenken, die auch Christus für uns hat. Und derjenige, der in so einem Moment getragen und gehalten wird, darf lernen, die Liebe Christi, die ihm durch den liebenden Partner zuteil wird, anzunehmen, darf verstehen, dass er in seiner Schwäche angenommen und gehalten ist. Auch das ist für viele von uns keine einfache Situation, denn wie gern sehen wir uns als starke Menschen, die auf eigenen Füßen stehen. Doch die Erfahrung dieser unbedingten Liebe kann in uns ein neues Selbstbewusstsein erschaffen, das uns in die Lage versetzt, leichtfüßig die Ansprüche anderer an uns und die Bedingungen der Anerkennung durch die Welt abzustreifen und unser Leben neu, fröhlich und frei zu genießen.

Nun wird der eine oder andere sagen: „Das klingt gut. Aber wozu bedarf es der Ehe? Kann man nicht auch sonst lieben?“ Das ist richtig. Wir sind auch aufgefordert, in allen unseren Beziehungen Liebe zu schenken und uns damit beschenken zu lassen. Aber wir sehen auch, wie wenig selbstverständlich die Liebe ist. Mit der Ehe hat uns Gott einen Rahmen geschenkt, der uns immer wieder daran erinnert, dass wir gemeinsam den Versuch machen wollen, wirklich einander zu lieben und unsere eigenen Begehrlichkeiten abzulegen – ganz so, wie Christus es uns vorliebt. Aber die Ehe ist mehr als das. Das Eheversprechen geht noch weiter:

„…in guten wie in schlechten Zeiten bis dass der Tod uns scheidet!“

„Hilfe, meine Freundin will mich heiraten!“ So war kürzlich in einem Studentenforum im Internet zu lesen. Verzweifelt wunderte sich der Hilfesuchende über die Beharrlichkeit seiner Freundin bei dem Wunsch nach einer Ehe, zu der er keinesfalls bereit sei, weil die Ehe doch bedeutungslos sei und man doch so oder so ein Leben lang zusammenbleiben könne. Das ist eine Argumentation, die man immer wieder hört. Aber wenn wir ganz ehrlich sind, wissen wir, dass sie nicht stimmt. Denn wenn die Angelegenheit wirklich so unbedeutend wäre, dann bräuchte sich niemand mit Händen und Füßen dagegen zu wehren. Dann wäre es ein Leichtes, der Freundin den Gefallen zu tun, wie man vielleicht auch sonst für sie Dinge tut, die letztlich unbedeutend, aber ihr irgendwie wichtig sind, wie z.B. die neueste Liebeskomödie mit ihr gemeinsam anzuschauen.

Doch wir ahnen, dass die Hochzeit keine unbedeutende Kostümparty mit nettem Rahmenprogramm ist, sondern einen wesentlicher Einschnitt und eine dauerhafte Verpflichtung darstellt.  Die Endgültigkeit dieser Entscheidung tritt vor Augen. Aber ist das überhaupt noch zeitgemäß? Wer kann schon überblicken, was in fünf oder zehn Jahren sein wird? Ist es da nicht angemessener, die Ehe von vornherein mit Verfallsdatum zu schließen? Lassen wir dazu zunächst einmal Jesus selbst zu Wort kommen:

„Gott hat die Menschen von Anfang an als Mann und Frau geschaffen. Darum verlässt ein Mann seine Eltern und verbindet sich so eng mit seiner Frau, dass die beiden eins sind mit Leib und Seele. Sie sind also eins und nicht länger zwei voneinander getrennte Menschen. Was Gott zusammengefügt hat, soll der Mensch nicht scheiden“ (Markus 10, 6 – 9).

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