Existiert Gott? Des Plädoyers erster Teil

Gibt es Gott oder nicht? Im Gegensatz zur These, es gäbe keine guten Argumente für Gott(es Existenz), versteht sich die mit diesem Artikel beginnende Reihe als ein Plädoyer für die Gegenposition.
Gott 2Heutzutage hören wir oft folgende Aussage: „Ich brauche Gott nicht, um die Welt erklären zu können.“ Oder etwas technischer und an einem konkreten Beispiel ausgedrückt: „Weil mir eine wissenschaftliche Erklärung für die Entstehung unseres Universums vorliegt und sie mir plausibler erscheint als die theistische, lege ich Gott zu den Akten.“ Nun kann ich diesen Gedanken zwar gut nachvollziehen, sehe aber ehrlich gesagt und in aller Höflichkeit einen Irrtum: Denn wenn wir der Frage nachgehen, ob Gott existiert, ist der Gedanke, den ich umrissen habe, ja gerade nicht zielführend – er führt uns sogar auf eine vollkommen falsche Fährte.

Warum? Nun, weil uns die Frage, ob mir nun die atheistische oder theistische Erklärung für die Entstehung unseres Universums plausibler erscheint, bei der Frage nach Gott nicht weiterhilft. Spielen wir es gerne einmal durch: Kann Gott nicht Verursacher des Universums sein, weil es hierzu andere plausible Erklärungsansätze gibt, die ohne ihn auskommen? Nein! Selbst wenn es naturalistische Erklärungen für die Entstehung unseres Universums gibt, die Gott nicht mitdenken, sagt das noch nichts über die Existenz Gottes aus. Die Wahrheitsfrage bleibt hier unberührt.

Es bleibt also dabei: Wer zeigen will, dass es keinen ernstzunehmenden Grund für Gott(es Existenz) gibt, muss zeigen, dass ein Erklärungsansatz, der Gott mitdenkt, unplausibel ist. Oder positiv formuliert: Wer prüfen will, ob es gute Gründe für Gott gibt, sollte sich selbst darüber ein Urteil bilden, ob ihm der Ansatz, der Gott mitdenkt, plausibel erscheint. Und natürlich ist mir Folgendes klar: Selbst wenn es wirklich gute Gründe für Gott gibt, folgt daraus nicht, dass es ihn auf jeden Fall geben muss – aber immerhin, und das wäre ja keine kleine Erkenntnis, lägen einem dann gute Gründe vor, der Suche nach Gott doch einmal eine reale Chance zu geben.

gott 1© agsandrew – Fotolia.com

Aber genug der Worte. In jedem Teil der Reihe möchte ich dir gerne einen Erklärungsansatz präsentieren, der Gott bei einem bestimmten Phänomen mitdenkt. Urteile selbst, inwieweit dir dieser Ansatz als plausibel bzw. möglich erscheint.
 

Grund I: Gott ist eine mögliche Erklärung dafür, warum unser Universum existiert.


Du stimmst mir vielleicht zu: Alles, was einen zeitlichen Anfang hat, hat eine Ursache für seine Existenz. Und wer hier noch zögert, der sei auf die hohe Plausibilität dieser Aussage sowie auf die Tatsache verwiesen, dass sie sowohl im Alltag als auch in den Naturwissenschaften permanente Anwendung findet. Die Annahme, dass alles, was einmal angefangen hat zu existieren, eine Ursache für seine Existenz hat, erscheint mir daher nicht sehr gewagt.

Alles andere als gewagt ist heutzutage auch die Aussage, dass unser Universum einst angefangen hat, zu existieren – also nicht bereits ewig existiert. Das stützen vor allem zwei zentrale Befunde der physikalischen Kosmologie: Zum einen der zweite Hauptsatz der Thermodynamik (auf den ich aus Platzgründen leider nur verweisen kann). Zum anderen geht auch das kosmologische Standardmodell von einem expandierenden Universum mit einem zeitlichen Anfang aus: Raum, Zeit, Energie und Materie – sprich unser Universum – haben vor 13,8 Milliarden Jahren mit einer Singularität, dem „Urknall“, angefangen zu existieren. Selbst neueste Analysen bestätigen das Standardmodell, die heute anerkannte kosmologische Theorie zur Entstehung und Entwicklung des Weltalls. Aber natürlich haben gerade die Physiker, die mit der Annahme einer Singularität und der damit verbundenen Ansicht ein Problem haben, dass es eine generelle Grenze naturwissenschaftlichen Erklärens gibt, eine ganze Reihe von kosmologischen Alternativmodellen vorgeschlagen: Das Spektrum reicht hier von einem pulsierenden Universum über sich permanent weiterverzweigende Tochter-Universen bis hin zu Vorstellungen zyklischer Universen-Ketten. Der allseits bekannte Astrophysiker Steven Hawking schreibt z.B. in seinem Buch „Der große Entwurf“: „Weil es ein Gesetz der Schwerkraft gibt, kann und wird sich ein Universum selber aus dem Nichts erschaffen.“ Der theoretische Physiker Lawrence Krauss vertritt hingegen die Ansicht, dass Quanten-Fluktuationen im Vakuum das Universum ins Dasein gebracht haben.

Die Vielzahl an alternativen Erklärungsansätzen darf allerdings nicht so verstanden werden, als würde sie die Dominanz des Standardmodells ins Wanken bringen. Nein, nach wie vor wird dieses Modell, selbst von glaubenskritischen Physikern, kaum in Frage gestellt. Das soll freilich nicht heißen, dass jeder hochqualifizierte Physiker auch automatisch Atheist ist. Dazu gibt es dann doch zu viele von ihnen, die von Gott ausgehen; immerhin waren und sind sogar einige der bedeutendsten Physiker des 20. und 21. Jahrhunderts davon überzeugt, allen voran der Nobelpreisträger Max Planck sowie der Quantenphysiker Anton Zeilinger.
Gott 2Mit angesehenen Religionsphilosophen wie Alvin Plantinga oder Richard Swinburne teilen sie den Standpunkt, dass die Ursache des Universums größer sein muss als das Universum selber. Anders formuliert gehen sie davon aus, dass sich Raum, Zeit, Energie und Materie nicht selbst erschaffen haben können und daher von etwas Raumlosem, Zeitlosem, Energielosem und Immateriellem erschaffen wurden. Nun gibt es logisch gesehen nur zwei Möglichkeiten, auf die diese Beschreibung zutrifft: entweder auf ein abstraktes Objekt (wie eine Zahl) oder auf ein zeitloses, raumloses und immaterielles Wesen. (Das „Fliegende Spaghettimonster“ fällt also als möglicher Kandidat heraus.) Da abstrakte Zahlen aber nichts verursachen können, machen Leute wie Plantinga auf die Plausibilität der Annahme aufmerksam, dass unser Universum offenbar von einem transzendenten Wesen erschaffen wurde. Es ist natürlich erlaubt, diesen Standpunkt kritisch zu hinterfragen.

Dieser „kosmologische Grund“ ist aus meiner Sicht ein starkes Argument dafür, die Frage nach der Existenz Gottes als plausibel bzw. möglich zu beurteilen. Und bitte nicht vergessen: Die unbestrittene Tatsache, dass es auch rein naturwissenschaftliche Erklärungen für die Entstehung unseres Universums gibt, ist unwichtig für die Frage, ob der Erklärungsansatz, der Gott mitdenkt, plausibel ist oder nicht. Und nur um den geht es ja.

Bei (kritischen) Rückfragen schreibe an: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

Stephan Lange – Bielefeld
bloogt auf mitdenkend.de

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