Grün vor Neid

Neid ist allgegenwärtig und kaum einer, kann sich ganz frei davon machen. Neid ist für viele von uns eine wesentliche Triebfeder und doch kein gesunder Antrieb. Aber wieso können wir es eigentlich so schwer ertragen, wenn jemand besser gestellt ist als wir?

Ich habe ein wunderbares Nokia-Handy, dessen größtes Extra darin besteht, dass es einen farbigen Bildschirm und eine Weckfunktion hat. Mir  gefällt das Einfache daran. Ich muss ja nur damit telefonieren und SMS schreiben. Mehr brauche ich nicht.

Neulich im Zug saß mir ein etwa 14-Jähriger gegenüber, der pausenlos mit seinem iPhone herumspielte. Plötzlich überkam mich innerlich die Wut, meine Gedanken fingen an zu kreisen. „Wie können seine Eltern ihm ein iPhone kaufen und noch dazu das neuste? Der Junge wird ja total verhätschelt! So lernt der nie mit Geld umzugehen! Wozu braucht der denn überhaupt ein iPhone, wenn er damit nur spielt? Und worüber sollte er überhaupt mit Siri reden, vielleicht über seine nicht vorhandene Freundin?“

Als der Junge ausstieg, warf ich ihm noch einen genervten Blick zu, aber konnte auch danach nicht aufhören, über die Ungerechtigkeit dieser Situation nachzudenken. Woher haben diese Eltern nur das Geld, um ihrem Sohn so überflüssige Sachen zu kaufen und wieso habe ich nicht einmal das Geld, mir selbst eins zu kaufen!

Erst einige Stunden später konnte ich meine Gedanken etwas ordnen. Ich fragte mich, warum mich diese Situation so beschäftigte und warum es mir nicht egal war, wie diese Eltern ihren Sohn erziehen. Da wurde mir klar, dass es eigentlich nicht um den Jungen, sondern um mich ging. Ich war einfach nur neidisch auf ein 14-jähriges Kind, dass ein elektronisches Spielzeug besitzt, von dem ich eigentlich dachte, dass ich es nicht brauche! Da fing ich an, etwas genauer über Neid nachzudenken.

Was ist eigentlich Neid? Man hört diesen Begriff so häufig und doch ist es schwer seine Bedeutung genau zu erfassen. Jedem ist klar, dass es bei Neid darum geht, etwas zu begehren, das man selbst nicht besitzt. Das muss sich nicht nur auf materiellen Besitz beziehen. Ich kann jemanden auch um seine Fähigkeiten, seinen Beruf oder gar seine Persönlichkeit beneiden. Aber ist Neid wirklich nur das Begehren? Nein, ich glaube Neid geht tiefer! Es ist das Verübeln der Besserstellung Anderer. Ich wäre also nicht nur gerne selbst besser gestellt, sondern ich wünsche innerlich, der andere hätte weniger. Diese Missgunst äußert sich zum Beispiel darin, dass ich denke, jemand habe seinen Besitz gar nicht verdient, wie es mir in der Situation mit dem kleinen Jungen erging

Mir wurde klar, dass Neid allgegenwärtig ist. Häufig ist es jedoch für einen selbst schwer, ihn zu erkennen. Wir mögen uns unseren Neid gar nicht als solchen eingestehen, sondern suchen stattdessen fleißig nach Gründen, warum der andere gar nicht so toll ist, wie alle meinen. In unseren Gedanken machen wir die beneidete Person schlecht, obwohl wir unterbewusst wünschen, genauso zu sein, oder eben dasselbe zu besitzen.

Aber wie ist das nun mit dem Neid. Ist er schlecht oder gut? Manchmal hört man ja auch „Ich bin richtig neidisch auf dich“ als Kompliment.

Als Kind musste ich im Konfirmandenunterricht, wie vielleicht der ein oder andere auch, das 10. Gebot auswendig lernen: „Du sollst nicht begehren deines Nächsten Weib, Knecht, Magd, Vieh oder alles, was sein ist.“ Wir sollen nicht neidisch sein, ist die knapp gefasst Aussage. Damals war mir jedoch nicht klar, warum dieses Gebot so wichtig ist. Erst als ich mir die Auswirkungen von Neid bewusst machte, erkannte ich wieso.

Neid bringt mich dazu, schlecht über andere zu denken und ihnen gegenüber negativ eingestellt zu sein. Ich gerate in einen Kreislauf, in dem die andere Person durch ihr Verhalten all meine Vorurteile über sie bestätigt. Dem Beneideten und vielleicht auch mir selber ist gar nicht klar, wie es zu der Feindseligkeit kam. Und so verhärten sich die Fronten. Sogar enge Freundschaften können letztendlich an Neid zerbrechen.

Schlimm ist dabei auch, was Neid in uns selbst anrichtet. Neidisch ist man immer dann, wenn man gleichzeitig unzufrieden ist mit dem, was man hat oder wer man ist. Wer aber nur die Dinge sieht, die er nicht hat, kann nicht dankbar sein für das, was er hat. Man fixiert sich auf das, was einem fehlt, und das impliziert auch einen Vorwurf an Gott: „Wieso hast du mir das nicht auch gegeben?“ Mit einer solchen Einstellung fällt einem immer mehr auf, was andere haben und was einem selbst fehlt.

handygreen(c) bloomua - Fotolia.comEs führt zu einem Gefühl der Minderwertigkeit. Man beginnt sich mit den anderen zu vergleichen. Man möchte seine eigenen Schwächen überspielen, indem man zum Beispiel – grün vor Neid – vor anderen schlecht über den Beneideten spricht oder selbst anfängt, all sein Geld in oberflächlichen Besitz zu investieren. Man hat den Wunsch selbst zum Beneideten zu werden, und versucht dies, indem man seine vermeintlichen Stärken gegenüber anderen hervorhebt. Alles mit dem Zweck, Bewunderung zu erwecken.

Ist es also falsch, von Anderen bewundert werden zu wollen? Meiner Meinung nach ist es nur natürlich. Wer hört nicht gerne mal, dass er etwas gut kann oder etwas Schönes besitzt. Das stärkt unser Selbstvertrauen und kann uns auch motivieren.

Aber was ist, wenn ich beneidet werden möchte? Wenn ich möchte, dass ich besser bin als die anderen und es ihnen nicht gönne, dasselbe zu haben wie ich? Das ist ein Versuch mein Gefühl der Minderwertigkeit zu bekämpfen. Ich mache meinen Selbstwert von dem abhängig, was andere in mir sehen, und beginne bestimmte Dinge nur zu tun, um Bewunderung und Neid auf mich zu ziehen. Ich baue mir eine Fassade auf und traue mich nicht, so zu sein, wie ich wirklich bin, weil es das positive Bild, das ich vor anderen erzeugen möchte, zerstören würde.

Die Unzufriedenheit mit meinem Leben, vor allem mit der Art wie ich bin, kann ich so aber nicht beheben. Sie kann sich dann sogar gepflegt ausbreiten und immer mehr Platz in meinen Gedanken einnehmen, mir immer mehr aufzeigen, was ich vor anderen verbergen muss.

Auch meine Beziehung zu Gott kann letztendlich darunter leiden. Wenn ich nicht darauf vertrauen kann, dass Gott es gut mit mir meint, wie kann ich ihm dann meine Probleme anvertrauen?

Doch was hilft gegen den Neid?

Neid wird dann zum Problem, wenn ich mir nicht bewusst mache, dass ich neidisch bin. Mag ich eine Person vielleicht einfach deshalb nicht, weil sie zu hübsch, zu klug oder zu beliebt ist? Wenn ich mir bewusst mache, dass die Schwierigkeiten mit einer Freundin, einem Kollegen oder Kommilitonen auch daher rühren, dass ich demjenigen etwas nicht gönne, kann ich meinem Neid auf die Spur kommen. Wenn ich das erreicht habe, kann ich der Person gegenüber wieder etwas gerechter sein und ihr offener begegnen.

Manchmal hilft auch ein zweiter Blick auf die Person, die man beneidet. Was für mich auf den ersten Blick perfekt erscheint, muss für denjenigen nicht unbedingt auch so sein. Dabei denke ich zum Beispiel an die Überflieger in meinem Studiengang. Die guten Noten bekommen sie sicher auch nicht geschenkt und selbst wenn, ist das keine Garantie dafür, dass auch ihr übriges Leben immer nach Wunsch verläuft.

Neid erwächst aus meinem eigenen Gefühl, minderwertig zu sein.  Doch Gott hat jeden von uns zu etwas Besonderem gemacht. Jeder hat seine eigenen Stärken, auch wenn sie uns manchmal nicht bewusst sind. Wir sind geliebt und angenommen. Wer an diese einfache christliche Botschaft glaubt, kann seinem Neid etwas entgegensetzen: Es gibt jemanden, der mich liebt, so wie ich bin. Es gibt sehr viel, wofür ich dankbar sein kann. Ich muss mich nicht vergleichen. Was für ein Gefühl von Freiheit!

Das aktuelle Heft

Bedacht 11Versöhnung. Das ist ein großes Wort und für jeden von uns zu jeder Zeit eine Herausforderung. Wie kann das gehen – Versöhnt leben? Wir begeben uns auf die Spurensuche.

Heft lesen

Werde Sponsor!

Deine Spende an die bedacht ist ein Stipendium für die Gute Nachricht. Deine Unterstützung fließt dabei vollständig in die Produktion der bedacht. Da wir ehrenamtlich arbeiten, fallen bei uns keinerlei Personalkosten an.

spenden


Folge der BEDACHT auf Facebook!      Folge uns auf Twitter!
DMC Firewall is a Joomla Security extension!