Per Du mit dem Chef?

Eine Kurzgeschichte von Weltformat

Im Gegensatz dazu steht im Kern der christlichen Botschaft der folgende Appell: „Lasst euch versöhnen mit Gott!“ (2. Korinther 5, 2). Um dies deutlicher zu machen, eine kurze Geschichte. Um sie besser verstehen zu können, ist es hilfreich, zu wissen, dass sie in einer Zeit spielt, wo es üblich war, dass die Erwachsengewordenen nicht weit weg von ihrem Heimatort zogen, sondern in der Nähe blieben. Wenn in solch einer Zeit nun ein Sohn zu seinem Vater sagt: „Hiermit erkläre ich dich für mich tot. Ich werde weit weggehen, bezahle mir schon jetzt meinen Teil des Erbes aus”, dann ist das eine heftige Aussage. Es würde nun sicher niemand verwundern, wenn der Vater hierauf Folgendes geantwortet hätte: „Was ist los?! Deinen Erbanteil willst du? Du spinnst doch! Geh gefälligst arbeiten, wir reden da ein anderes Mal drüber!” Aber der Vater sagt: „Ich zwinge dich nicht, hierzubleiben. Du bist frei, zu bleiben und zu gehen. Hier, nimm alles, was ich dir geben kann und gehe deiner Wege.”

Der Sohn zieht los, verprasst sein Geld und findet sich alsbald als Schweinehirte wieder. Tiefer konnte man nicht fallen. Man könnte nun vermuten, dass sich der Sohn denkt: „Was habe ich nur gemacht?” Aber er sagt: „Naja, schlimmer als hier kann es mir bei meinem Vater auch nicht gehen. Ich werde einmal versuchen, zurück zum Vaterhaus zu gehen. Natürlich wird er mich nun nicht mehr als Sohn aufnehmen, aber vielleicht kann ich als 1-Euro-Kraft wenigstens irgendwas mit mehr Anstand machen.” Der Sohn geht also zurück und der nächste Satz der Geschichte lautet: „Als der Vater ihn von Ferne sah…” Das heißt ja wohl, dass der Vater nie aufgehört hat, nach seinem Sohn zu schauen und auf ihn zu warten. Und es passiert etwas, was der Sohn nicht gedacht hätte. Der Vater – von dem er eigentlich dachte, dass er sagt: „Ach, da bist du also wieder und zeigst Reue. Naja, ich bin kein Unmensch: Du kannst zunächst im Stall anfangen und falls du dich bewährst, schauen wir mal” – sagt in Wirklichkeit: „Bringt schnell das Festgewand! Holt das gemästete Kalb, um ein großes Fest zu feiern! Steckt meinem Sohn den Siegelring an den Finger!” Und so ein Siegelring, das war die MasterCard Gold zu damaliger Zeit. Damit konnte man Verträge unterzeichnen – im Namen des Vaters. Der Sohn erhält also mit einem Schlag alle seine Sohnesrechte wieder (nach Lukas 15, 11 – 32).

Diese Geschichte gibt uns einen guten Einblick in das, was Christen unter einer persönlichen Beziehung zu Gott verstehen. Gott, der Vater, sucht uns – er wartet. Er wartet darauf, wie wir uns entscheiden, welche Antwort wir ihm auf seine Frage geben: „Erwiderst oder verneinst du mein Ja zu dir?“ Und er nimmt jeden von uns an: egal, woher und wie wir kommen, egal, wie wir riechen, und egal, was wir zu bieten haben. Die Kernbitte der christlichen Botschaft ist wie gesagt genau diese: „Lasse dich mit Gott versöhnen, er wartet auf dich und vergibt dir gerne.“

Chef2 300© djama – Fotolia.com

Versöhnung?

Auf diese Bitte kommt es der Erfahrung nach häufig zu zwei unterschiedlichen Reaktionen. Die erste lautet: „Mit Gott versöhnen? Ich habe mit ihm doch niemals wirklich auf Kriegsfuß gestanden. Sicherlich, ich bin kein perfekter Mensch – aber ich bemühe mich immerhin und schaffe es auch weitgehend, ein gutes Leben zu führen.“ Und da haben wir es wieder: das Missverständnis, Christsein sei in erster Linie ein Verhalten. Aber das ist es nun einmal nicht.

Der berühmte irische Schriftsteller C.S. Lewis schreibt: „Das Schlimmste, was wir Gott angetan haben, ist, ihn in Ruhe zu lassen.“ Das ist der Grund, weshalb wir von Gott getrennt sind. Natürlich kann man ein guter Mensch sein, ohne Christ zu sein. Beim christlichen Glauben geht es ja aber gerade nicht um die religiöse Verbrämung eines integren Lebens, sondern um eine ernst gemeinte Beziehung mit Gott. Und kein noch so vorbildliches Leben kann diese Beziehung ersetzen oder die Trennung von Gott aufheben. Dass nach Aussage der Bibel jeder Mensch Sünder ist, meint also keine pauschale moralische Abwertung, sondern die Störung der Gottesbeziehung aller Menschen, die viel tiefer liegt. Die Bitte nach Versöhnung richtet sich also an all die, die ohne eine vertrauensvolle Beziehung zu Gott durchs Leben gehen.

Die zweite Reaktion lautet: „So weit, so gut. Aber wie soll diese Versöhnung mit Gott denn konkret aussehen? Wenn ich es richtig verstanden habe, sagen Christen, dass man sich Gottes Liebe und Gunst nicht durch gutes Tun erarbeiten oder verdienen kann. Mit welcher ‚Währung‘ kann ich die Eintrittskarte in den Himmel aber dann bezahlen?“ Wer diese Gedanken hat, stellt eine ausgezeichnete Frage – gerade weil sie von einem sehr guten Verständnis des christlichen Glaubens zeugt. Denn es ist vollkommen korrekt: Christen denken in der Tat, dass man sich den Himmel nicht durch gute Taten verdienen kann. Welche „Währung“ ist aber dann nötig, um Versöhnung mit Gott zu erlangen? Eine hilfreiche Antwort darauf gibt uns Paulus in einem seiner Briefe:

„Ja, in der Person von Christus hat Gott die Welt mit sich versöhnt, so dass er den Menschen ihre Verfehlungen nicht anrechnet; und uns hat er die Aufgabe anvertraut, diese Versöhnungsbotschaft zu verkünden“ (2. Korinther 5, 19).

Ein „Gratis-Angebot“

Diese Antwort überrascht zumeist deshalb, weil sie impliziert, dass Gott durch seine Menschwerdung in Jesus und seinem Tod am Kreuz bereits alles bezahlt hat, damit wir uns mit ihm versöhnen lassen können. Das passt nun aber nicht wirklich in unser (westliches) Leistungsdenken. „Von nichts kommt nichts“, denken wir. „Ich muss doch etwas für mein Heil tun, ansonsten kommt es mir irgendwie komisch vor.“ Aber nur, weil dieser Gedanke unserer Kultur fremd ist, muss er ja nicht automatisch falsch sein. Denn genau das ist es, wozu uns die christliche Botschaft herausfordert: Versöhnung und Errettung sind ein „Gratis-Angebot“, das Gott uns macht – in Jesus. Christen glauben schließlich, dass dort am Kreuz nicht irgendein Mensch starb, sondern Gott selbst. Und eines ist gewiss: Niemand liebt jemanden mehr als der, der sein Leben für ihn hergibt. Aus christlicher Perspektive hat Gott genau das getan – aus Liebe zu uns, weil er weiß, dass wir es selbst mit dem bestmöglichsten Leben nicht schaffen, Gottes heiligen Maßstäben zu genügen. Das ist der Grund, sagen Christen, weshalb sich Gott in Jesus selbst hingibt – um uns ein Angebot zu machen. Er sagt zu uns: „Du kannst mit mir leben, du kannst im Vertrauen auf mich leben und dann bekommst du alles, was ich verspreche: Sinn, Liebe und eine Hoffnung über den Tod hinaus. Das gilt allen, die mit mir eine Beziehung eingehen.“

Ein praktischer Vorschlag

Gott bittet und wirbt also zu unserem Besten. Aber er respektiert, ob wir uns für ihn entscheiden oder uns von ihm abwenden. Und es gibt nichts, was er sich mehr wünscht, als dass wir sein Angebot annehmen. Wie könnte das praktisch aussehen? Zum Beispiel, indem man anfängt, mit ihm zu reden. Dazu bedarf es keiner „heiligen Stimmung“ oder andächtig klingender Worte. Nein, je natürlicher und unverkrampfter man ist, desto besser. Für mich ist es z. B. am bequemsten, wenn ich mich zu Hause auf mein gemütliches Sofa setze und dort in Gedanken mit Gott spreche. Niedrigschwelliger geht’s also nicht. Man kann zu Gott einfach so reden, wie man gerade ist, und z.B. zu ihm sagen:

„Bislang habe ich mein Leben ohne dich gelebt. Nachgedacht habe ich zwar manchmal über dich, aber nicht im Vertrauen auf dich gelebt. Das möchte ich aber tun, ich möchte mit dir leben. Ich möchte dir mein Leben anvertrauen und danke dir für alles, was du für mich getan hast. Bitte komm doch jetzt in mein Leben.“

Ich kann dir zwar leider nicht garantieren, dass sich daraufhin die größten Wunder in deinem Leben auftun, wohl aber, dass Gott dir aufmerksam zuhört und dir auf seine Weise zeigen wird, dass dein Vertrauen in ihn gerechtfertigt ist. Niemand braucht schließlich die Katze im Sack zu glauben. Wo kämen wir da auch hin? Nein, Vertrauen muss erworben werden und wer Gott einen ehrlich gemeinten Vertrauensvorschuss gibt, der darf gespannt darauf warten, was denn da kommen wird.
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