Nächstenliebe praktisch – Hilfsprojekte in der eigenen Stadt
Viele Texte dieser bedacht handeln von Nächstenliebe, davon, warum sie aus christlicher Perspektive so gut, richtig und wichtig ist. Doch was heißt das eigentlich praktisch? Wie kann ich meinen Nächsten ganz konkret im Alltag lieben?
Möbel, Kleidersäcke, Spielzeug; davor Menschen, die mit vollen Tüten glücklich das Gebäude verlassen – dieses Bild bietet sich aktuell vor der Kleiderkammer des Roten Kreuzes in Chemnitz. Allein die Gesichter der beschenkten Menschen vertreiben bei mir jedes Mal jeglichen Zweifel, ob ich die Kleidung wirklich abgeben soll oder sie vielleicht doch noch selbst gebrauchen könnte. Doch Helfen ist vielschichtiger, als Menschen mit materiellen Dingen zu unterstützen.
Die Malteser-Hochwasserhilfe
Im Jahr 2013 waren im Osten Deutschlands viele Tausend Menschen vom Hochwasser betroffen. Einige leiden bis heute unter den materiellen oder psychischen Folgen. Da auch meine Heimatstadt und meine Familie die Wassermassen zu spüren bekamen, war ich sofort begeistert, als ich vom Angebot der Malteser in Chemnitz las. Die „Soziale Nachsorge für Hochwasserbetroffene“ wird seit September 2013 an verschiedenen Standorten in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen von ehrenamtlichen Mitarbeitern getragen. In Chemnitz betreuen derzeit etwa zehn Ehrenamtliche ungefähr fünfzehn Menschen. Als ehrenamtlicher Helfer erklärt man sich dazu bereit, mit der zugeteilten Person eine Art Betreuungsverhältnis einzugehen. Wie dieses genau gestaltet wird, kann individuell ganz verschieden sein. Die Klienten sind dabei inzwischen nicht mehr nur unmittelbar betroffene Hochwasseropfer. Meist handelt es sich bei den zu betreuenden Personen um einsame oder ältere Menschen, die sehr dankbar dafür sind, wenn ihnen jemand im Haushalt hilft, ihnen zuhört, einen kleinen Spaziergang mit ihnen unternimmt – kurz gesagt, ihnen Zeit und Aufmerksamkeit widmet. Das ist weder teuer noch aufwendig, doch heutzutage goldwert.Der Deutschclub für internationale Studierende
An meiner Universität gibt es einen Deutschclub für internationale Studierende. Dort können sich Sprachinteressierte einen Abend im Monat in gemütlicher Runde treffen, Spiele spielen und vor allem ihre deutschen Sprachkenntnisse verbessern. Organisator ist offiziell die Universität und pro Abend helfen bis zu acht deutsche Muttersprachler ehrenamtlich im Club. Dieser bietet für die Internationalen eine ideale Möglichkeit, aus den Wohnheimen, in denen meist nur Englisch gesprochen wird, heraus- und mit deutschen Studierenden in Kontakt zu kommen. So kann in Sprachkursen Erlerntes angewandt werden, ohne Angst vor Peinlichkeiten und Bewertungen. Das Angebot wird gut genutzt: Pro Abend kommen zwischen 40 und 80 Studierende aus den verschiedensten Ländern, darunter Studierende aus Indien, China, Nigeria, Pakistan, der Türkei, Frankreich sowie arabischen und osteuropäischen Ländern.Aus aktuellem Anlass noch ein kleiner Bericht aus eigener Erfahrung: Vor einiger Zeit war ich mit ein paar Freunden in der Unisporthalle, in der hunderte Flüchtlinge untergebracht sind. Wir haben Zeit mit ihnen verbracht, Wikingerschach und Frisbee gespielt. Dabei haben wir so viel Dankbarkeit, Lebensfreude und Energie gespürt, dass uns der Besuch selbst sehr glücklich machte. Oft stimmt das biblische Sprichwort „Geben ist seliger denn Nehmen“ (Apostelgeschichte 20, 35) eben doch.
Ob man Hochwasseropfern hilft, sich für internationale Studierende oder Flüchtlinge einsetzt, Essen an Obdachlose und Arme verteilt, sich regional oder weltweit engagiert – all das spielt letztlich keine Rolle. Die Motivation dahinter kann ebenfalls ganz unterschiedlich sein. Wichtig ist, mit dem Herzen dabei zu sein und mit aufrichtigem Interesse für das Projekt und die Beteiligten – ganz im Sinne der Worte Jesu: „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst“ (Matthäus 22, 39). Deshalb ermutige ich jeden, sich ein solches Herzensprojekt zu suchen – was man für die eingesetzte Kraft und Zeit erhält, sind unbezahlbare Erfahrungen und Erlebnisse.