Wurzeln bis in den Himmel?!

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Fest verwurzelt

Zunächst: Was ist eigentlich ein Fundament? In der Architektur ist ein Fundament eine Grundplatte, auf die das gesamte Bauwerk aufgebaut ist. Und so bauen wir auch das Haus unseres Lebens mit vielen Räumen und Ecken auf ein Fundament. Es mag mitunter der Baustil dem aktuellen Lebensverständnis angepasst oder ein überkommendes Stück Fassade abgeschlagen werden, doch das Fundament bleibt und trägt das ganze Haus, das ganze Leben. Wenn das Fundament aber fehlt, besteht die Gefahr, dass Wind und Wetter das Haus unterspülen und zum Einsturz bringen. Christus vergleicht sein Wort mit einem solchen festen Fundament:

„Wer meine Worte hört und danach handelt, der ist klug. Man kann ihn mit einem Mann vergleichen, der sein Haus auf felsigen Grund baut. Wenn ein Wolkenbruch niedergeht, das Hochwasser steigt und der Sturm am Haus rüttelt, wird es trotzdem nicht einstürzen, weil es auf Felsengrund gebaut ist. Wer sich meine Worte nur anhört, aber nicht danach lebt, der ist so unvernünftig wie einer, der sein Haus auf Sand baut. Denn wenn ein Wolkenbruch kommt, die Flut das Land überschwemmt und der Sturm um das Haus tobt, wird es aus allen Fugen geraten und krachend einstürzen.“ (Matthäus 7, 24 ff.)

Das ist ein starkes Wort, das zum entschiedenen Widerspruch herausfordern kann. Ist es bloß religiöses Gerede eines irrwitzigen Wanderpredigers, oder kann dieser Anspruch auch für uns heute eine tragfähige Lebensbasis sein?

Erstens: Das Christentum ist eine nicht relativistische Konzeption. Das bedeutet, dass die Wertebasis sich nicht verschiebt, ein Vorgang, der zum Einsturz des Lebenshauses führen würde. Zwar ist es möglich, unterschiedlichste und kreative Formen auf der Grundlage des Christentums zu bauen und so auch unterschied-liche Aspekte des Fundaments verschieden zu gewichten, jedoch besteht nicht die Gefahr, dass Aspekte dieses Fundaments ungültig werden und damit erordieren. Gott präsentiert sich uns als die einzige die Zeiten überdauernde normative Instanz. Er ist weder von persönlicher Billigung noch von gesellschaftlichen Zustimmungswerten abhängig.

Dieser Absolutheitsanspruch mag in einer aufgeklärten Gesellschaft, die sich längst mit der Idee einer Vielheit von Wahrheiten angefreundet hat, merkwürdig erscheinen; jedoch vermag eine ethische Beliebigkeit unserem Leben nicht Richtung und Ziel zu verleihen. Für jeden von uns sind feste Werte notwendig, wollen wir nicht zum Treibsand unseres eigenen Lebens werden. Der Relativismus ist insoweit eine selbstdestruktive Position, da sie keine überzeugende Entscheidung zu irgend einer Position zulässt. Christus dagegen ist ein festes Fundament. Seine Wahrheit ist den irdischen Widrigkeiten enthoben. Keine Naturkatastrophe kann diese Basis angreifen, kein persönliches Unglück zerstören.

„Wer sich von Gott lossagt, verliert jede Sicherheit; nur wer Gott vertraut, steht fest wie ein tief verwurzelter Baum.“  (Sprüche 12, 3)

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Das Bekenntnis zu festen Werten bedeutet dabei jedoch keinesfalls die Intoleranz gegenüber anderen mündig gewählten Lebensvorstellungen, zumal, wenn diese festen Werte - wie im Fall des Christentums - auf Liebe gegründet sind.

Zweitens: Das Christentum bietet eine ganzheitliche Konzeption. Damit ist nicht gesagt, dass sich für jede Lebenssituation der Bibel passgenaue, einfache Antworten entnehmen lassen können. So können auch unter Christen gelegentlich unterschiedliche Ansichten darüber bestehen, was ein bestimmter Wert in einer konkreten Situation fordert. Aber die christlichen Werte entfalten in jeder Lebenssituation Relevanz. Die Aufforderung etwa zu lieben fordert uns nicht nur im engen Kreis des christlichen Miteinanders heraus, sondern sollte eine Grundlage aller Entscheidungen im Umgang mit den Mitmenschen, der Natur und auch dem eigenen Selbst darstellen. Wer also Christus zur Grundlage des eigenen Lebens macht, steht in keiner Situation völlig orientierungslos da. Das Fundament ist somit hinreichend groß, um darauf ein ganzes Leben zu bauen.

Drittens: Das Christentum kommt in der Form der Offenbarung daher. Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass feste Werte letztendlich nicht mit den Mitteln der Vernunft begründbar sind. In die Ratlosigkeit der Vernunft ruft Gott als normative Kraft hinein: „Der Herr hat euch (...) gesagt, was gut ist.“ (Micha 6, 8). Die anfänglich beschriebene Orientierungslosigkeit über das “Gute” wird somit durch Christus gelöst. Die Bibel fasst dieses Ergebnis sehr pointiert zusammen: „Das Fundament, das bei euch gelegt wurde, ist Jesus Christus. Niemand kann ein anderes oder gar besseres Fundament legen. (1. Korinther 3, 11). Durch diesen Grund entsteht Entscheidungs– und Handlungsfähigkeit und somit letztlich Freiheit statt Orientierungslosigkeit. Damit lässt sich sagen, dass Christus ein festes Fundament unseres Lebens darstellen kann.

Eine Quelle der Kraft

Doch der christliche Glaube bietet mehr als das. Gott stellt nicht bloß eine tragfähige, aber abstrakt bleibende Grundlage für unser Leben zur Verfügung. Diese abstrakte Wertebasis ließe sich auch dann teilen, wenn man sich nicht zum Christentum bekennt – möglicherweise aus pragmatischen Gründen, oder weil man die beschriebenen christlichen Werte (aus welchen Gründen auch immer) einfach gut findet. Diese Haltung, die sich auf die  Formulierung von Wertefundierungen beschränkt, könnte allerdings leicht in einen mehr oder minder ideologisch verbrämten Fundamentalismus führen. Dem christlichen Glauben ist dies fern. Denn er bleibt hier nicht stehen. Gott stellt vielmehr eine “lebendige und dynamische Beziehung zu den Menschen her” (Wörther, Kein Gott nirgends?). Damit ist der zweite Aspekt der Wurzel angesprochen: Durch sie können wichtige Nähr-stoffe aufgenommen werden, die uns Kraft geben und unser Wachstum beflügeln. Diese Kraftquelle ist freilich nicht mehr begründbar, sondern muss von uns erlebt werden. Das bedeutet aber nicht, dass diese metaphysische Krafquelle eine eingebildete Kraft ist. Sie ist vielmehr konkret erfahrbar.

Wenn wir uns auf die Begegnung mit Gott einlassen, können wir seine Nähe erfahren. Eine Nähe, die Kraft und Trost spendet, die aufrichtet und fähig macht, mit den Anforderungen des Alltags umzugehen. Freilich gibt es auch andere Dinge, die Kraft spenden: Familie, Heimat, Freunde sind für uns wichtig und wertvoll. Es ist ein Geschenk, wenn wir hier Zuflucht und Unterstützung erfahren. Doch dieses Geschenk ist weder selbstverständlich, noch können wir uns darauf verlassen, dass es unbegrenzt hält: Familien und Freundschaften können zerbrechen oder geliebte Menschen sterben. Und gerade in der heutigen Zeit wissen wir häufig nach vielfachen Wohnortwechsel nicht mehr, wo unsere Heimat eigentlich liegt. Doch wenn wir uns auf Gott einlassen, dann bietet er uns seine ewige Freundschaft und eine immerwährende Heimat. Keine örtliche oder physische Heimat, sondern vielmehr ein Zuhause für unsere Seele. Besonders schön drückt diese Erfahrung ein Schreiber in der Bibel aus:

„Ich bin zur Ruhe gekommen. Mein Herz ist zufrieden und still. Wie ein Kind in den Armen seiner Mutter, so ruhig und geborgen bin ich bei dir!“ (Psalm 131, 2)

Auch heute lässt sich Gott von denen, die nach ihm suchen, finden (vgl. Jeremia 29,13 – 14). Auch in unserer Zeit ist Gott real erfahrbar und bietet uns seine nährende Kraft väterlich an. Zeugnisse für diese Erfahrung gibt es seit alters her bis in unsere Tage hinein reichlich. Wenn wir nach nährenden Wurzeln für uns fragen, dann ist es klug, diese Erfahrungen unserer Mitmenschen ernst zu nehmen und daran anknüpfend zu fragen, ob unsere Wurzeln wirklich bis in den Himmel reichen können.

Wir sollten uns aufmachen, Gott ganz persönlich zu entdecken und seine ausgestreckte Hand zu ergreifen. Doch wer glaubt, dass eine tiefe Beziehung zu Christus einfach und unverbindlich möglich ist, irrt. Wenn wir uns von Gott berühren lassen wollen, müssen wir unser Herz öffnen. Oft ist das nicht einfach, denn innerste Gefühle, Ängste und Schwächen treten so zu Tage. Wenn wir aber den Mut haben, uns heilen zu lassen, erleben wir Gottes Kraft bis in unseren Alltag hinein. Nicht mehr Selbstzweifel, sondern Freude über Gottes Liebe bestimmt dann unser Leben und unser Miteinander. Wenn wir unsere Wurzeln tief in Gott hineingraben, dann können wir die Herausforderungen des Lebens gelassen annehmen. Dann können wir mit Corrie ten Boom sagen: „Unsere Wurzeln sind in dir, Herr. So halten sie fest in jedem Sturm, der an Leib, Seele und Geist rüttelt.“

Verwurzelt sein in Christus bedeutet jedoch nicht, unverwundbar zu sein. Nirgends verspricht uns Gott ein unversehrtes Leben. Doch er sagt uns zu, sich um unsere Wunden, unsere Verzweiflung und Zerbrochenheit zu kümmern und uns mit seiner heilenden Liebe zu berühren. Er richtet uns auf, wenn wir am Boden liegen und schenkt uns neue Kraft, um unser Leben zuversichtlich zu gestalten.

„Kommt alle her zu mir, die ihr euch abmüht und unter eurer Last leidet! Ich werde euch Ruhe geben.“ (Matthäus 11, 28)

Wenn wir die Kraft dieser Wurzel erfahren haben und erleben, wie wunderbar wir mit himmlischen Nährsalzen und Wasser versorgt werden, dann können wir zuversichtlich unsere Zweige in die Zukunft wachsen lassen. Wir können dann nicht nur den Widrigkeiten trotzen, sondern auch Anderen Halt geben. Wir, die wir selbst im Glauben verwurzelt sind, sollen die Last anderer mittragen, ihnen Trost spenden und Kraft und Liebe weitergeben!


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