Teamwork²

Letztes Jahr, an einem typisch deutschen Nieselregenabend im Dezember, hat mein Freund mir einen Antrag gemacht - unspektakulär, aber ehrlich. Und ich habe „Ja“ gesagt, in dem Wissen, dass diese Entscheidung enorme Auswirkungen auf mein weiteres Leben haben wird. Eine Frage beschäftigt mich seitdem sehr: Was braucht es für eine langfristige, gesunde Beziehung? Über den Luxus und die Herausforderung unserer Zeit, unsere Lebenspartner auf Basis von Gemeinsamkeiten und Unterschieden selbst wählen zu können.

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Bist du mein Lebensfundament?

Menschen brauchen Fundamente, um ihr Leben darauf zu gründen. Grundannahmen, die Sicherheit verleihen. Das kann der Job sein, die Familie, Freundschaften. Ich habe mich entschieden, mein Leben auf ein Fundament zu stellen, das auch noch Halt gibt, wenn andere Fundamente keinen Halt (mehr) bieten können. Dieses Lebensfundament ist mein Glaube an einen liebenden und allmächtigen Gott. Auf diesem Glauben basieren meine Lebenspläne und alles, was sonst Bedeutung für mich hat. Zu leicht passiert es mir aber, dass ich die Reihenfolge vertausche und dass mein Partner und der Gott, der die Liebe ist, mal eben die Plätze tauschen. In solchen Momenten muss ich mich daran erinnern, dass die Beziehung und die Priorität, die ich meinem Partner einräume, ihn bereichern und nicht durch überzogene Erwartungen belasten sollen. Auch wenn mein Partner meine Nummer eins unter den Menschen ist, braucht er keinen heiligen Schrein auf meinem Schreibtisch. Er ist Mensch, genauso wie ich. So können wir einander auf Augenhöhe begegnen.

Eine gemeinsame Grundfläche

Grundlegende Gemeinsamkeiten können die Beziehung vereinfachen. Ähnliche Vorstellungen über Arbeit, Kinderwunsch und Religion legen eine Grundlage, auf der man sich auch in den Details schneller einig wird, als wenn man alles von Beginn an durchdiskutieren muss. Die eine oder andere Unstimmigkeit ist dann auch gar nicht problematisch, immerhin sollten wir einander Platz zum Wachsen und für Veränderungen lassen. Verändern – das wird in Beziehungen oft ängstlich beäugt. Dann heißt es zum Beispiel, dass man sich nicht verbiegen lassen möchte. Doch im Bild gesprochen sind zwei Menschen in einer Beziehung wie zwei Eisschollen, die voneinander weg oder aufeinander zudriften können. Die Eisschollen nähern sich einander an, verbinden sich und bilden so eine viel größere Fläche als allein. Auf eigene Faust immer nur die eigenen Vorstellungen durchsetzen und das Meer durchziehen zu wollen, kann auf Dauer nicht der Sinn einer gesunden und langfristigen Beziehung sein.

Die eigentlichen Wünsche aufdecken

Jeder Mensch hat individuelle Vorstellungen vom Leben. Einige davon werden nur in einer Paarbeziehung erfüllt. Ich darf und sollte mir über meine Wünsche bewusst werden, wenn die Beziehung auf Dauer bestehen soll. Abgesehen von emotionalen, romantischen und sexuellen Bedürfnissen gibt es meist noch richtungsweisendere Wünsche für eine Beziehung. Warum also wünscht man sich gemeinsame Interessen, geteilte Zeit oder eine gemeinsame Vision?
  • Luisa wünscht sich einen besonderen Verbündeten, einen exklusiven Freund, den perfekten Teammate. Mit ihm geht es für sie gegen den Rest der Welt.
  • Stefan wünscht sich Austausch auf Augenhöhe. Gemeinsam über Themen zu diskutieren, die beide bewegen und voneinander zu lernen, empfindet er als wichtigen Teil der Beziehung.
  • Maria und Felix haben sich eine Lebensaufgabe gesetzt, die ihre eigene Person übersteigt. Für sie ist es leichter und motivierender, diese Aufgabe gemeinsam anzugehen. Beide Herzen schlagen für diese Sache um die Wette und gemeinsam können sie ihre praktische Arbeit und die Erfolge feiern.
  • Für Anja spielt Nähe eine große Rolle. Sie möchte die Nähe zu ihrem Freund auf verschiedenen Ebenen ausdrücken. Auch praktische gemeinsame Aktivitäten, die sich nicht nur um ihren Partner drehen, bedeuten für sie geteilte Zeit und die Verbindung durch aktive gemeinsame Interessen.
  • Zeit und Prioritäten zu verteilen, fällt Marc nicht leicht. Umso mehr freut sich seine Freundin Svenja über die Zeit, die er ihr bewusst schenkt. Unbewusst investiert Marc mit dieser Zeit in die Beziehung, die sie über die Jahre nährt.
Jedes Paar kann sich Gedanken machen, welche tiefer liegenden Wünsche und Ziele beide für die Beziehung haben und wo sich diese Wünsche überschneiden. Sich darüber Gedanken zu machen, kann helfen, dass die Beziehung nicht nur vom Abendfernsehprogramm bestimmt wird, sondern sich beide bewusst werden, was man mit dieser wertvollen Beziehungsform anfängt und wie man sie füttert.

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Wunschlisten schreiben: Klarheit und Neugier auf beiden Seiten

Grundlegende Gemeinsamkeiten hin oder her – am Ende kommt es darauf an, dass man gemeinsam aktiv wird. Um dafür Ideen zu sammeln, hilft es mir persönlich, konkret aufzuschreiben, was mich begeistert und wie ich meine Zeit gern verbringe. Der Austausch meiner Liste mit der meines Partners kann uns beiden neu bewusst werden lassen, welchen Reichtum an Möglichkeiten wir haben. Zugleich erhält der jeweils andere Inspiration, Neues auszuprobieren. Klar, das braucht manchmal Überwindung. Nicht immer werden die Aktionen, die meinen Partner begeistern, auch mir so viel Spaß machen. Die Möglichkeit, meinem Partner zu zeigen, dass ich Interesse an ihm und seinem Leben habe, wird es aber wert sein. Und vielleicht werde sogar ich irgendwann während der Bundesligasaison gerne zur Couchpotato, wer weiß.

Bereicherung durch Unterschiede

Letztendlich müssen sich die meisten Paare damit arrangieren, dass sie nicht alles teilen können. Das muss aber gar kein Nachteil sein. Sich zu ergänzen ist eine große Hilfe im Alltag, besonders was praktische Begabungen und die Alltagsorganisation betrifft. Zudem entlastet es die Beziehung, wenn ich nicht alles nur von meinem Partner erwarte. Bestimmte Interessen und Gespräche stattdessen mit Freunden und Familie zu teilen, bereichert andere ebenfalls wichtige Beziehungen. Daraus gewonnene neue Gedanken und Aktivitäten erweitern womöglich auch den Horizont der Paarbeziehung.

Wichtig ist es, den anderen nicht respektlos oder herablassend zu behandeln – auch wenn es nur das Augenverdrehen ist, weil die Frau die Fußballbegeisterung nicht nachvollziehen kann. Wenn ich meinen Partner liebe, sollte ich, wenn nicht aktiv, doch zumindest kommunikativ an seinen Interessen Anteil nehmen. Offenheit gegenüber den Interessen des Partners sowie seiner Vergangenheit bereichert die Beziehung. Gerade der Wunsch nachzuvollziehen, wie der andere so geworden ist, wie man ihn heute kennt, hilft bei der gegenseitigen Annahme.

Die Partnerschaft: das größte gemeinsame Projekt

Eine erfüllte Beziehung ist ein Privileg und lebenslange Arbeit, die sich lohnt. Neben Gemeinsamkeiten zählt der Wunsch, zusammen am Projekt „Beziehung“ zu arbeiten, und die Entscheidung, jeden Tag von Neuem in dieses Projekt zu investieren. So kann die Beziehung Raum für gemeinsame hoffnungsvolle Visionen und ihre Verwirklichung bieten, einen Ort der Gastfreundschaft für andere schaffen und vielleicht sogar Kindern Geborgenheit und Wärme schenken. Es entsteht geteiltes Leben im gegenseitigen Unterstützen und Bestätigen und im Austausch unterschiedlicher Ansichten. Eine erfüllte Beziehung wirkt auch positiv auf ihr Umfeld und somit auf ein Stückchen Welt. Letztlich kann aus einer erfüllten Paarbeziehung ebenso wie aus anderen Freundschaften eine tiefe, durchgängige Dankbarkeit für den anvertrauten Menschen wachsen und der Wunsch, ihn nicht unter Druck zu setzen, sondern ihn zu lieben, wie er ist.

Das „Paarprojekt“ wurde für unsere Beziehung übrigens mit der Verlobung sehr praktisch. Unser Geheimtipp: gemeinsam eine Hochzeit planen! Denn dabei lernt man sich wirklich kennen und arbeitet Hand in Hand für ein gemeinsames Ziel.

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