„Seht, die Wohnung Gottes unter den Menschen! Er wird in ihrer Mitte wohnen, und sie werden sein Volk sein; und er, Gott, wird bei ihnen sein. Gott wird alle Tränen von ihren Augen abwischen: Der Tod wird nicht mehr sein, keine Trauer, keine Klage, keine Quälerei. Denn was früher war, ist vergangen“ (Einheitsübersetzung, Offenbarung 21, 3-4).

Trennung und Versöhnung

Tod, Trauer, Klage und mühselige Quälerei sind Teil unserer Welt. So gerne wir sie auch von uns wegschieben würden und lieber tagtäglich von Leichtigkeit und Freude erfüllt wären, gehören sie zu unserem Leben. Auf verschiedenste Weise werden sie uns immer wieder gegenwärtig: der Tod eines Klassenkameraden oder der Großeltern; gebrochenes Vertrauen; Frust und Quälerei bei der Arbeit; tiefe Erschöpfung oder Depressionen. Die oben beschriebene Situation ist frei von alledem. Der Text weist auf eine Zukunft, in der Gott den Menschen so nahe ist, dass Er unter ihnen wohnt und Trost und Frieden bringt. Es gibt keine Trennung mehr, sodass Gott sichtbar ist wie die Menschen und Gebäude um uns herum.  Spürbar wie der Regen auf der Haut an einem warmen Sommertag oder die Stimmung und die Musik bei einem Live Konzert. Gegenwärtig wie das Licht der Sonne, dasdie Welt erhellt, oder die Nähe eines Freundes.

Trost

In den Worten wird Trost in einer Gänze und Vollkommenheit beschrieben, die schwer in gegenwärtigen Erfahrungen zu beschreiben sind. Wenn die schwersten Lasten, langjährige Quälerei oder tiefe Verletzungen auf einmal erscheinen wie …, ja wie? Vielleicht am ehesten wie der gebrochene Arm eines kleinen Jungen, der von seinem größten Idol versorgt wird? Trost ist wichtig im Angesicht von Leid und überwältigenden Gefühlen von Ungerechtigkeit oder Hilflosigkeit. Trost verhindert, dass Härte und Bitterkeit in unseren Herzen Raum greifen, und erlaubt uns trotzdem, Frieden zu
finden.

Ruhe und Frieden

Der Vers löst in mir tiefe Ruhe und Frieden aus. Wir müssen uns nicht mehr quälen, um irgendwelchen Erwartungen zu entsprechen oder um monatlich die Miete zu bezahlen. Innerer Frieden setzt in solch einer Tiefe zugleich die Kenntnis unserer Verletzungen, Wunden, Narben, Einschüchterungen voraus, ebenso wie deren Heilung und Auflösung. Gleiches gilt für die Annahme unserer Schuld, unserer tiefsten Abgründe und Charakterschwächen. Das, was war, ist nicht mehr und die Vergangenheit hat keinen Einfluss mehr auf uns, sondern allein die Gegenwart Gottes mit den Menschen ist gut und genug. Diese Vorstellung erscheint mir begeisternd, surreal, ungewöhnlich und vielleicht auch erstmal erschreckend.

Eine befreundete Band sang zu meiner Schulzeit ein Lied, in dem sie den Selbstmord ihrer Klassenkameradin Sarah thematisierte. Die drei waren Christen und beschrieben die Schwierigkeiten in Sarahs Leben, bevor das Lied in einem hoffnungsvollen und friedlichen Ton mit folgenden Worten endete: “It is well, it is well, it is well with my soul.” Bewegt von dem Lied, habe ich damals gemerkt, dass die Gegenwart Gottes in unserem Leben auch heute auf der Erde etwas verändert. Wir erleben die im Vers beschriebene Ruhe und den Trost zwar nicht in der gleichen Vollkommenheit, dennoch können wir sie in unserem Leben spüren und wachsen sehen.

Doch mehr noch als das, was Gott jetzt schon wirkt, ermutigt mich die Hoffnung auf den vollkommenen Frieden, der in dem Vers beschrieben wird, und die darin ausgedrückte Gewissheit, dass Gott Gutes für uns Menschen möchte, jedem von uns. Die Worte dienen als Vorschau auf eine Welt, in der ich in voller Aufrichtigkeit „Ja“ sagen kann – auf die heute alltägliche, aber oberflächliche Frage: Alles gut?