Die Sehnsucht nach der Freude

Narnia-Autor C.S. Lewis ringt in seinen zahlreichen Werken mit dem christlichen Glauben. Er sucht Antworten auf Fragen, die ihn selbst in Atem halten. Auf seiner Suche nach der Wahrheit treibt ihn eine tiefe, schmerzlich-freudige Sehnsucht an – diese nennt er „Freude“. Seine Autobiographie gibt lebendige Einblicke in seinen Weg zwischen Suchen und Finden.


Freude 600© Sunny studio – Fotolia.comAls Lewis ungefähr sechs Jahre alt ist, bringt sein Bruder den Deckel einer Keksdose ins Kinderzimmer, bedeckt mit Moos und geschmückt mit Zweigen und Blumen. Lewis ist von diesem Spielzeuggarten verzückt; zum ersten Mal begegnet ihm bewusst Schönheit. Aber noch etwas mehr erlebt er in diesem Moment: etwas, das über Verzückung oder Glück hinausgeht. Lewis nennt dieses Gefühl „Freude“. In seiner Erinnerung gewinnt dieser Garten eine große Bedeutung, da er seiner kindlichen Vorstellung vom Paradies unglaublich nahe kommt. Der Keksdosendeckel erweckte in ihm eine Sehnsucht – „ [...] aber Sehnsucht wonach? Gewiss nicht nach einer Keksdose voller Moos [...].“

Das Gefühl der übermächtigen Sehnsucht, die Freude, die Lewis in diesem Augenblick erlebt, blitzt im Laufe der Jahre immer wieder auf, mal stärker und mal schwächer. Er wünscht sich, dieses unerfüllte Begehren wieder zu erleben und herauszufinden, worauf es sich richtet.

Nach und nach kommt Lewis zu dem Schluss, dass die Freude nicht selbst das Objekt seiner Begierde sein kann. Sobald er beginnt, sie um ihrer selbst willen genießen zu wollen, kann er die Freude nur noch von außen betrachten. Das Besondere, das ihr innewohnt, geht verloren. Lewis schreibt: „Man kann seine inneren Vorgänge nicht gleichzeitig genießen und betrachten“ - und kommt zu dem Schluss, dass die Freude nur ein Hinweis auf etwas hinter ihr Liegendes sein kann. Sie ist nur ein Nebenprodukt. Den Versuch, diesen Bewusstseinszustand hervorzubringen, erkennt er schließlich als falsch, gar unmöglich. Das Objekt, nach dem Lewis sich sehnt, leuchtet nur durch etwas anderes hindurch, wie vielleicht das Paradies durch den Spielzeuggarten. Was allerdings das wahre Objekt seiner Begierde ist, bleibt ihm schleierhaft.

Seine Suche nach der Freude hat für Lewis lange Zeit absolut nichts mit dem christlichen Glauben oder mit Gott zu tun. Tatsächlich steht er als Atheist für lange Zeit dem Glauben als großer Gegner gegenüber. Zwar glaubt er als Kind an Gott und betet auch zuversichtlich um die Genesung seiner schwerkranken Mutter, das Wunder bleibt aber aus. Seine Mutter verstirbt. Lewis hinterfragt seine Gebete und seine Aufrichtigkeit dabei. Immer stärker empfindet er Religion als Belastung. Schließlich löst er sich von seinem Kinderglauben, erleichtert, nun dem Druck der Religion entronnen zu sein.

Er erhält seine schulische Bildung in Internaten und angesehenen Colleges, wo die ersehnte Freude für lange Zeit in Vergessenheit gerät. Er beschäftigt sich viel mit Literatur und seine, wie er sie selbst nennt, „manuelle Ungeschicklichkeit“ treibt ihn zum Schreiben. Doch dann, nach einer langen Abwesenheit der Freude, beginnt Lewis wieder deren Stich aus Büchern zu empfangen, die er liest. Sie drücken die Sehnsucht aus, die Lewis so vertraut ist, können sie ihm aber dennoch nicht zufriedenstellend begreiflich machen. Noch immer hat er das Gefühl, dass die Freude eigentlich auf etwas anderes deutet. In seinem Studium der Philosophie und seinem Leben als Atheist gerät er immer tiefer in einen Wirbel aus Widersprüchen: „Ich vertrat die Auffassung, Gott existiere nicht. Gleichzeitig war ich sehr zornig auf Gott, weil er nicht existierte. Und ebenso zürnte ich ihm, weil er eine Welt geschaffen hatte.“ Es erscheint Lewis ungerecht und grausam, dass er ohne seine eigene Einwilligung erschaffen worden ist und dass es im christlichen Universum „keine Tür mit der Aufschrift ‚Ausgang’“ gibt.

Während Lewis dem Christentum noch immer mit Widerwillen begegnet, trifft er nach Beginn seiner Lehrtätigkeit als Englischprofessor in Oxford auf viele Christen, die er zu seiner eigenen Überraschung hoch achtet; sie scheinen plötzlich an allen Ekcen aufzutauchen. Unter ihnen ist auch der Autor J.R.R. Tolkien („Herr der Ringe“). Mit Tolkien und anderen Freunden verbringt Lewis lange Abende diskutierend am Kamin und muss voller Entsetzen feststellen, dass sein atheistisches Weltbild immer mehr ins Wanken gerät. Das Beunruhigendste geschieht aber im Gespräch mit einem der hartgesottensten Atheisten, die Lewis kennt. Dieser erwähnt ganz beiläufig, „die Evidenz für die Historizität der Evangelien sei eigentlich überraschend gut.“ Diese Worte haben eine niederschmetternde Wirkung auf Lewis; er glaubt, Gott nicht mehr entkommen zu können. Ihm wird bewusst, dass er „etwas auf Abstand hielt oder etwas aussperrte“, und nach einiger Zeit bleibt ihm nichts anderes übrig, als die Tür zu öffnen und es hereinzulassen. Lewis schreibt: „Wenn Shakespeare und Hamlet sich je begegnen sollten, dann musste es auf Shakespeares Betreiben hin geschehen. Hamlet konnte nichts initiieren.“ Gott drängt sich in Lewis’ Leben; er wird zum wohl „niedergeschlagenste[n] und widerwilligste[n] Bekehrten in ganz England“. Der Übergang vom Atheismus hin zum Theismus ist für ihn keine Frage warmen, religiösen Gefühls, sondern eher eine Kapitulation vor Gott. Später erkennt er: „Die Härte Gottes ist freundlicher als die Weichherzigkeit der Menschen, und sein Zwang ist unsere Befreiung.“

Lewis setzt sich weiter mit dem Christentum auseinander, diskutiert weiter und sucht nach Antworten auf seine Fragen. Der endgültige Übergang vom Glauben an einen Gott zum Glauben an den Gott, der durch Jesus Christus Mensch wurde, geschah für Lewis dann fast unbemerkt: „Ich weiß noch sehr gut, wann, aber kaum wie ich den letzten Schritt tat. Eines sonnigen Morgens wurde ich nach Whipsnade gefahren. Als wir aufbrachen, glaubte ich nicht, dass Jesus Christus der Sohn Gottes sei, und als wir den Zoo erreichten, glaubte ich es. Dabei hatte ich die Fahrt eigentlich nicht mit Denken zugebracht. Auch nicht in starken Emotionen. [...] Es war eher so, als wie wenn ein Mensch nach langem Schlaf immer noch bewegungslos im Bett liegt und sich bewusst wird, dass er nun wach ist.“

Die Suche nach der Freude endete in einer Überraschung. Überraschend, weil Lewis nicht Freude, sondern Gott entdeckte. Lewis schreibt, dass er fast jedes Interesse an diesem Thema verloren hat, seit er Christ geworden ist. Das heißt nicht, dass er die Freude nicht mehr erlebt – im Gegenteil, er erfährt sie nun häufiger und intensiver als zuvor. Allerdings erkennt er, dass dieses Erlebnis niemals die Bedeutung gehabt hat, die er ihm zugeschrieben hat. Die Freude war nur als Hinweis auf den lebendigen Gott wertvoll. Solange er diesen nicht kannte, nahm dieser Hinweis großen Raum in seinem Denken ein. „Wenn wir uns im Wald verirrt haben, ist der Anblick eines Wegweisers ein großes Ereignis. [...] Doch wenn wir den Weg gefunden haben und alle paar Meilen an Wegweisern vorbeikommen, bleiben wir nicht mehr stehen und schauen. Sie ermutigen uns, und wir sind dankbar [...] .“

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